Digital Storytelling für Online Redakteure

Die Menge an multimedial gestalteten Geschichten und Reportagen hat in den letzten Jahren definitiv zugenommen. Spätesten nach dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Digital-Storytelling-Projekt „The Snow Fall“ der New York Times, kommt kaum ein größerer Online-Auftritt mit redaktionellem Anspruch noch an der multimedialen Umsetzung vorbei. Von simplen Umsetzungen einer Geschichte als Foto- oder auch Audioslideshow, über multimedial umgesetzte Reportagen bis hin zum aufwendigen Storytelling-Projekt à la „The Snow Fall“ ist mittlerweile alles dabei. Was Digital Storytelling aber nun genau ist, warum es an Bedeutung gewinnt und welche Tipps und Tools Ihnen bei der Umsetzung helfen können, stellen wir nachfolgend vor.

Was ist Digital Storytelling?

Digital Storytelling meint das Erzählen von Geschichten auf eine besondere Art und Weise. Dabei werden spannende Geschichten durch Einbindung von verschiedenen Medien (Text, Fotos, Video, Audio, Grafiken, Karten etc.) digital und interaktiv aufbereitet. Die Umsetzungsmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. So können unter anderem interaktive Timelines, animierte Grafiken, Video-Interviews, O-Töne oder auch 360°-Bilder genutzt werden, um die Geschichte in ein wahres multimediales Erlebnis zu verwandeln. Da das Storytelling häufig auf einem One Pager umgesetzt wird, ist es auch bekannt unter den Begriffen „Scrollytelling“ (abgeleitet von scrollen + Storytelling) oder „Multimedia-Longform“.

Warum Digital Storytelling an Bedeutung gewinnt

Durch die Digitalisierung, welche auch den Journalisten-Beruf nicht verschont, ist ein Umdenken in den Redaktionen nötig. Die Menschen möchten etwas nicht mehr einfach „nur“ lesen. Sie möchten etwas erleben. Und da kommt das Digital Storytelling ins Spiel. Es ist ein wertvolles Instrument zur neuen und innovativen Wissensvermittlung. Insbesondere komplexe Sachverhalte oder in die Tiefe gehende Geschichten können durch die multimediale Aufarbeitung einfach und für jeden verständlich dargestellt werden. Durch das Ansprechen verschiedener Sinne bleiben die multimedialen Geschichten zudem länger im Gedächtnis als reine Texte. Aufgrund der visuellen und teilweise auch akustischen Ausrichtung eignet sich Digital Storytelling aber auch, um die Leser ins Geschehen eintauchen zu lassen. Dementsprechend lassen sich also auch spannende Reportagen oder emotionale Geschichten gut mit Storytelling umsetzen.

Basics für ein gelungenes Storytelling

Ausgangspunkt für ein gelungenes Storytelling ist eine gute Geschichte. Diese ist entweder von relevanter Aktualität und zeugt von Informationstiefe oder bringt eine gewisse Dramaturgie bzw. Emotionalität mit sich. Die Recherchearbeiten sollten dabei schon vor Beginn der multimedialen Umsetzung beendet sein. Ebenso sollte das zu verwendende Material bestenfalls bereits gesichtet und/oder erstellt sein.
Bevor Sie dann mit der Umsetzung starten, überlegen Sie sich zuvor unbedingt eine sinnvolle Reihenfolge und Kombination der Text- und Medienelemente. Die Hinzunahme eines Skripts sowie Storyboards sorgt dabei für einen guten Überblick und erleichtert Ihnen die Arbeit. Wichtig ist, dass die Medienelemente sich gegenseitig gut ergänzen und im Idealfall zu einer Einheit verschmelzen.
Achten Sie bei der Gestaltung der Story außerdem auf eine einfache Nutzerführung, welche auch mobil funktioniert (Stichwort: responsive Design). Nur so können Sie die Leser mit ihrer Story fesseln.

Nachfolgend haben wir den typischen Ablauf eines Storytelling-Prozesses für Sie grafisch dargestellt:

Beispiele für gelungenes Storytelling

Eines der ersten und auch bekanntesten Beispiele für Storytelling ist wohl das Snowfall-Projekt der New York Times. Die Geschichte über ein Lawinenunglück in Washington, bei welchem sechszehn Ski- und Snowboardfahrer in den Abgrund gerissen wurden, wurde 2013 sogar mit dem begehrten Pulitzer-Preis prämiert. Mit einem Mix aus informativen Texten, Videomaterial, Animationen, Audio-Kommentaren und Slideshows über das tragische Ereignis gelang es der NY Times die Leser bzw. besser gesagt die Betrachter zu fesseln.

In den nachfolgend aufgeführten Quellen finden Sie zahlreiche weitere Beispiele und Inspirationen für gelungenes Storytelling:

kopfundstift.de: „Scrollytelling – Storys multimedial erleben“
madsack.de: „Multimedia-Storytelling: Sehenswerte Reportagen“

Digital Storytelling Tools

Es gibt zahlreiche Tools, mit welchen sich Storytelling bzw. Scrollytelling gut umsetzen lässt. Gemeinsam haben die nahezu alle Storytelling-Tools, dass sich die verschiedene Medien per Drag-and-Drop in verschiedene Layouts einfügen lassen. Dies vereinfacht das Erstellen eines Storytelling-Projekts ungemein.
Das mitunter wohl bekannteste unter allen Tools ist wohl Pageflow, welches wir Ihnen unter anderem neben zwei weiteren Alternativen vorstellen möchten.

Pageflow
Die vom WDR entwickelte Open Source Software und Publishing Plattform Pageflow ermöglicht das einfache Erstellen und Veröffentlichen von multimedialen Geschichten. Mithilfe von Pageflow können die Texte mit den verschiedensten Medien zu interaktiven Story verknüpft werden.
Pageflow bietet verschiedene Tarife an, unter welchen man das passende für sich wählen kann. Daneben bietet Pageflow einen Testaccount an, mit man das Tool zuvor zeitlich unbegrenzt und kostenlos testen kann.

Exposure
Das englischsprachige Storytelling-Tool Exposure überzeugt vor allem durch sein schlichtes Layout-Design und seine intuitive Bedienung.
Ebenso wie bei Pageflow, könnt ihr entweder einen kostenlosen Account anlegen (dieser ist allerdings auf eine Nutzungsdauer von 14 Tagen begrenzt) oder euch zwischen zwei kostenpflichten Tarifen entscheiden.

Shortcut
Ein weiteres intuitives Storytelling-Tool ist Shorthand, welches unter anderem auch von BBC und Sky News genutzt wird, um hochwertige Reportagen zu erstellen. Auch dieses Tool ist leider nur in der englischen Sprache zu nutzen.
Mit dem kostenfreien Account könnt ihr euch kostenfrei an eurer ersten Story versuchen. Erst bei der Veröffentlichung dieser wird ein Grundbetrag fällig. Seid ihr von diesem Tool angetan, könnt ihr alternativ auch ein Jahresabo abschließen.

Fazit

Digital Storytelling mag auf den ersten Blick sehr zeitaufwendig sein. Das Entwickeln einer gelungenen digitalen Geschichte erfordert Übung und bringt viel Arbeitsaufwand mit sich. Allerdings holt Digital Storytelling in jedem Fall das Maximum aus einer guten Geschichte heraus und hebt sich durch die interaktive und multimediale Umsetzung von üblichen Berichterstattungen und Reportagen ab. Dabei kommt es natürlich auf eine gute Mischung der Medienelemente an. Reduziert auf Text, Fotos, Videos und ggf. Audio ist es auch für Einzelpersonen oder freie Journalisten einfach, Geschichten multimedial zu erzählen.