Blogreihe: Digitale Bildung in Deutschland / Teil 2: Digitalisierung in der beruflichen Weiterbildung

Digitale Medien sind in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Deshalb ist es auch für Bildungsanbieter unerlässlich, sich der Situation bewusst zu werden und das Potenzial für eigene Zwecke zu nutzen. In der beruflichen Weiterbildung gibt es deshalb zunehmend digitale Angebote. Der große Unterschied zu formalen Bildungsangeboten wie der Schule und der Universität besteht darin, dass die berufliche Weiterbildung auf dem Vorwissen aufbaut, das man vorher in der Ausbildung und im bisherigen Berufsleben erworben hat. Dabei kann der Zeitraum der Weiterbildung zwischen ein paar Tagen und Jahren varrieren. Es gibt deshalb eine Fülle an Angeboten in der beruflichen Weiterbildung, die sich in Bezug auf den Ablauf sehr stark unterscheiden.

Wir wollen eine Bestandsaufnahme machen: welche Angebote gibt es aktuell und wie wird digitales Lernen dort jeweils umgesetzt? Das Ziel besteht darin, mögliche Weiterbildungsformate abzuleiten und daraus einen ersten Leitfaden für Bildungsanbieter bzw. für Lehrende zu erstellen.

Rahmenbedingungen für berufliche Weiterbildung

Berufliche Weiterbildungen eignen sich in vielen Lebensphasen zur Erweiterung des Qualifikationsprofils. Dabei muss die Weiterbildung nicht unbedingt zu der aktuellen Berufstätigkeit passen. Ein Quereinstieg in andere fachfremde Bereiche durch eine solche berufliche Weiterbildung ist ebenfalls denkbar und in der Praxis weit verbreitet. Vor allem im Bereich des digitalen Marketings, in dem wir als Bildungsanbieter Weiterbildungen anbieten, finden sich zunehmend Quereinsteiger in den Kursen.

Einarbeitung einer Praktikantin vor dem MAC Bildschirm

Gemeinsam haben alle Weiterbildungswilligen eines: Sie nehmen freiwillig an dem Angebot teil und haben demnach in der Regel eine hohe Lernmotivation. Ein Kurs kann entweder in Vollzeit oder neben dem Beruf durchgeführt werden. In dem Fall, dass die Weiterbildung berufsbegleitend durchgeführt wird, hat der Teilnehmende in der Regel eine Doppelbelastung, wenn die Weiterbildung zusätzlich zu dem Vollzeit Job absolviert wird. Das A und O in der beruflichen Weiterbildung besteht demnach darin, diese Rahmenbedingungen zu kennen und seine Angebote darauf auszurichten. Digitale Lernangebote können dabei helfen, das Lernen flexibler und spannender zu gestalten – passend zur Zielgruppe.

Anforderungen der Zielgruppe

Im Kontext der beruflichen Weiterbildung hat man es verschiedenen Menschen zu tun. Oftmals sind das Arbeitnehmende, die schon viele Jahre ausgelernt sind und somit lange keine Berührungspunkte gehabt haben. Problematisch dabei ist, dass diese Teilnehmenden ein konkretes, veraltetes Bild von Lehre – nämlich von Frontalunterricht – im Kopf haben. Anders als die jüngere Zielgruppe, die vielleicht schon in der Schule mit digitalen Lernmethoden in Berührung gekommen sind, ist diese Zielgruppe völlig unberührt, was digitale Lehre angeht. Deshalb muss man an der Stelle als Bildungsanbieter zunächst einmal viel Überzeugungsarbeit leisten: Warum ist der Einsatz von digitalen Lehr- und Lernmethoden sinnvoll? 

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Flexibilität in Bezug auf die Zeit. Wie bereits beschrieben, handelt es sich bei den Teilnehmenden meist um Arbeitnehmende, die die Weiterbildung neben dem Vollzeit Job machen. Umso wichtiger ist der Zielgruppe eine flexible Zeiteinteilung, die ausschließlicher Präsenzunterricht nicht leisten kann. Anders sieht es bei Angeboten aus, die online stattfinden bzw. durch Onlinephasen ergänzt werden. Hier ist die flexible Einteilung von Lernzeiten möglich.

Neben flexiblen Lernzeiten ist zusätzlich die Ortsunabhängigkeit ein Vorteil von Online-Angeboten. Die Zielgruppe hat nicht nur mehr Angebote zur Auswahl, sondern spart sich auch zeitaufwändige Anfahrtszeiten. Auch das kommt der Zielgruppe zugute, da sie dann noch flexibler ist. Alles in allem zeigt sich also: Digitale Angebote kommen den Anforderungen der Zielgruppe entgegen und sind demnach im Kontext von beruflicher Weiterbildung höchst relevant.

Digitale Formate in der beruflichen Weiterbildung

Schaut man sich diverse Angebote beruflicher Weiterbildungen, beispielsweise bei den verschiedenen Industrie und Handelskammern (IHKs), an, zeigt sich, dass zunehmend digitale Lehr- und Lernmethoden genutzt werden. Unterschiedlich ist der Anteil an digitaler Lehre im Angebot selbst. Hier gibt es für Bildungsanbieter verschiedene Möglichkeiten, in welchem Umfang und wie genau man digitale Lernmethoden einsetzt.

Content: Grafik drei Personen stehen an einer Tafel, an der eine Wachstumskurve abgebildet ist

Präsenzunterricht mit digitalen Tools unterstützen

Ganz klassischer Frontalunterricht ist zwar das, was vor allem die ältere Zielgruppe erwartet. Jedoch ist es nicht die Methode, mit der man auch am besten lernt. Vor allem, wenn man den Unterricht noch nach einem langen Arbeitstag hat, sollte er ansprechend gestaltet sein. Der erste Schritt hin zu einer digitalisierten Lehre besteht demnach darin, entsprechende digitale Tools zu integrieren. Beispielsweise kann man die Teilnehmer bitten, einen Laptop mit zum Unterricht zu nehmen, mit dem sie dann vor Ort weitere Übungen machen können. Inwiefern man digitale Tools in die Lehre integriert, ist also an der Stelle abhängig vom Lehrenden. Unabhängig davonm welche Tools genutzt werden, wird 100% der Lernzeit als Präsenz ausgeschrieben, beispielsweise 4 Stunden Präsenzunterricht.

GIF Computer mit Diagramm

Flipped Classroom Konzept: Onlinephasen zur Vorbereitung + Präsenz

Eine weitere Möglichkeit zur Ergänzung von Präsenzunterricht mit digitalen Lernmethoden ist das Flipped Classroom Konzept. Hier werden die Lerninhalte vor dem Präsenzunterricht innerhalb einer Online-Lernumgebung erarbeitet (z.B. in Form von Videos, schriftlichen Materialien und Aufgaben) und die gemeinsame Zeit im Unterricht selbst wird für Praxis und Anwendung nutzt. Der Vorteil: die gemeinsame Zeit in Präsenz kann viel praktischer und interaktiver genutzt werden. Wichtig bei der Organisation von Flipped Classroom Konzepten ist, dass man die Lernzeit zur Vorbereitung auf die Präsenzsitzung entsprechend ausweist. In der Regel gibt es bei dem Konzept gleichwertig Onlinephasen zur Vorbereitung und Präsenzphasen zur Anwendung und Vertiefung, beispielsweise 2 Stunden vorbereitende Onlinephase und 2 Stunden Präsenzunterricht.

Content: Grafik: Mann sitzt vor einem Monitor und dreht ein Video

Blended Learning Konzept: Präsenz + Onlinephasen zur Nachbereitung

Bei einem Blended Learning Konzept handelt es sich um ein Lehrangebot, dass Präsenzanteile mit Online-Anteilen kombiniert. Der Anteil von Präsenz- und Onlinephasen kann dabei beliebig festgelegt werden, beispielsweise 2 Stunden Präsenz und 2 Stunden Online. Auch das Flipped Classroom Konzept ist ein spezielles Blended Learning Konzept. Bei dem am weitesten verbreiteten Blended Learning Konzept werden Onlinephasen jedoch zur Nachbereitung von Präsenzunterricht eingesetzt. In der Präsenz findet ganz klassisch Frontalunterricht statt, in dem Wissen durch einen Experten vermittelt wird. In der darauffolgenden Onlinephase wird das Gelernte in Form von Online-Aufgaben vertieft und angewendet. 

Grafik fünf Teilnehmer in einer Videokonferenz

Webinar-Konzept: Online-Unterricht

Eine  digitale Alternative zu Präsenzunterricht sind Webinare. Dabei handelt es sich um Videokonferenzen, bei denen der Lehrende in gleichzeitiger Anwesenheit seiner Lernenden online sein Seminar durchführt. In Zeiten von Corona waren und sind Webinare das Mittel, um Unterricht doch noch stattfinden zu lassen, wenn es in Präsenz nicht geht. Ein ausschließliches Webinar-Konzept kombiniert nicht, wie Blended Learning Konzepte, Präsenz- und Onlinephasen miteinander. Vielmehr handelt es sich um ein reines Online-Format, das also beispielsweise 4 Stunden reinen Online-Unterricht beinhaltet.

Monitor mit Social Media Icons und einem Mauszeiger

Selbstlernangebote: ausschließlich asynchrone Onlinephasen

Zunehmend gibt es Angebote, bei denen man sich mithilfe von Selbstlern-Onlinemodulen weiterbilden kann. Der Vorteil besteht vor allem in der zeitlichen Flexibilität. Der Kurs kann nicht nur begonnen werden, wann man möchte. Man kann sich bei der Bearbeitung der Online-Lernmodule auch beliebig viel Zeit lassen, da man nicht an konkreten synchronen Zeiten gebunden ist (z.B. feste Unterrichtstermine). Auch hier handelt es sich um ein reines Online-Format, in dem man Lerninhalte alleine (also nicht in einer Gruppe) und meist unbetreut absolviert. 

Fazit

Bildungsanbieter in der beruflichen Weiterbildung setzen zunehmend digitale Angebote um. Online Lernen ist jedoch nicht gleich Online Lernen, sondern kann sehr vielfältig eingesetzt werden. Welche Konzepte man als Bildungsanbieter verfolgt, ist unter anderem abhängig von den Weiterbildungsthemen, den vorhandenen Dozenten sowie der Kompetenz der Mitarbeitenden, digitale Lernumgebungen umzusetzen. Fast alle Konzepte haben nämlich eins gemeinsam: das Online-Lernen muss nicht nur formal gut im Lehrplan organisiert, sondern praktisch auch gut umgesetzt werden. In der Regel haben die meisten Bildungsanbieter deshalb eine eigene Lernplattform, in der sie ausgewählte Konzepte umsetzen. Dazu gehört unter anderem, digitale Lernmaterialien zu erstellen (Whitepaper, Videos, etc.) und/oder Online-Aufgaben vorzubereiten und zu betreuen.

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