Social Media Hochschulkommunikation in der Praxis: Interview mit Sabrina Kircher
Mit mehr als 43.000 Studierenden ist die Ruhr-Universität Bochum eine der größten Hochschulen Deutschlands. Dazu kommen noch mehr als 5.000 Beschäftigte. Diese und potentielle Studieninteressierte möchten informiert werden – auch mithilfe der Sozialen Netzwerke. Über die ganze Breite der Social Media Hochschulkommunikation von klappernden Stühlen über Instawalks bis Krisenkommunikation haben wir uns mit der Social Media Managerin und Redakteurin Sabrina Kircher unterhalten.
Liebe Sabrina, du bist in der Hochschulkommunikation der Ruhr-Universität Bochum tätig. Wie bist du dort hingekommen?
Während meines Studiums habe ich an einem Marketingprojekt in der Universitätsverwaltung mitgearbeitet, das war eigentlich nur als Nebenjob gedacht. Als ich dann erfahren habe, dass das Projekt Social Media angegangen werden sollte, bin ich sozusagen hängengeblieben – zunächst in Teilzeit und seit 2013 in Vollzeit. In den Jahren vorher habe ich als feste Freie bei einer Zeitung gearbeitet und schließlich für einige Zeit im Onlinemarketing eines Start-Ups des Otto-Konzerns in Hamburg. Die Erfahrungen kamen mir zugute.
Warum seid ihr als Hochschule aktiv in den Social-Media-Kanälen unterwegs? Wie viel Überzeugungsarbeit musstet ihr leisten?
Die sozialen Netzwerke bieten uns die Möglichkeit, einen Dialog mit unseren Zielgruppen zu führen. Wir können zuhören und verstehen, was zum Beispiel die Studierenden bewegt, sie zur Mitgestaltung anregen, einen schnellen und zuverlässigen Service bieten und natürlich unsere Neuigkeiten vom Campus verbreiten. Nicht zuletzt können wir unser Credo „menschlich – weltoffen – leistungsstark“ nach außen tragen.
Vor dem offiziellen Start haben wir intern viele Gespräche geführt, zum Beispiel auch mit unserem Datenschutzbeauftragten, und eine Infoveranstaltung für Beschäftigte verschiedener Bereiche angeboten. Bei über 5.000 Beschäftigten ist klar, dass man nicht alle Menschen abholen kann. Und auch heute noch muss man dem ein oder anderen erklären, warum genau man gerade diese Information einholen möchte und eine möglichst schnelle Rückmeldung einfordert.
Wie viele Mitarbeiter habt ihr für die Social-Media-Arbeit zur Verfügung?
Für die zentrale Social-Media-Arbeit gibt es eine Vollzeitstelle, die ich mir seit der Geburt meines Kindes mit meiner Kollegin Tabea Steinhauer teile. Die dritte im Bunde ist Katharina Gregor – sie ist Redakteurin für unser Ressort Studium und unterstützt uns an einem Tag in der Woche.
Studierende haben manchmal eher kuriose Anfragen, die auch auf Facebook aufploppen können: Zum Beispiel, dass in Hörsaal XY die Schraube eines Sitzes locker ist. Wie gewährleistet ihr, dass ihr die passenden Antworten zeitnah geben könnt? Oder auch anders herum: Wie kommt die Info an die passende Stelle im Haus?
Durch unsere Erfahrungen können wir inzwischen die meisten Fragen selbst beantworten, ohne Rücksprache halten zu müssen. Dabei helfen auch FAQ, die wir stetig pflegen. Für kniffelige oder kuriose Fälle haben wir ein Netzwerk an Ansprechpartnern in allen zentralen Bereichen. Sie versorgen uns zuverlässig mit Infos und sind umgekehrt auch für das Feedback dankbar, das über Social Media reinkommt und wir an sie weiterleiten.
Nicht jede Universität stand bisher schon einmal in den Trending Topics bei Twitter – und dann auch noch mit einem selbst definierten Hashtag. Euch ist das 2015 mit #stromfrei geglückt. Wie kam es dazu?
Mir wäre ehrlich gesagt lieber gewesen, wenn uns das mit einem schöneren Thema geglückt wäre. In diesem Fall war es eine waschechte Krise, denn durch einen Kabelschaden an Mittelspannungsleitungen ist auf dem gesamten Campus der Strom ausgefallen – und das für über 20 Stunden. Ein Ausnahmezustand also, der uns gehörig auf Trab gehalten hat und deutschlandweit für Aufsehen gesorgt hat.
Zwischenzeitlich standen nur unsere Social-Media-Kanäle zur Verfügung, um die Menschen auf dem Campus und die Öffentlichkeit über die Lage auf dem Laufenden zu halten und bei akuten Problemen weiterzuhelfen. Als dann feststand, dass die Behebung des Kabelschadens länger dauert als gedacht, hat das damalige Rektorat entschieden, die gesamte Universität vorübergehend zu schließen.
Der Hashtag #stromfrei war gewissermaßen eine Gemeinschaftsleistung von Tobias Weißgerber, Social-Media-Referent der Hochschule Bochum, und mir. Die Hochschule grenzt an unseren Campus und auch dort ging wegen des Blackouts nichts mehr. Wir standen per Whatsapp und Facebook Messenger im Austausch – so kam schließlich das Wortspiel #stromfrei zustande.
Was habt ihr aus dieser Krisenkommunikation gelernt?
Für mich im Bereich Social Media hat sich bestätigt, wie wichtig ein gutes Informationsnetzwerk ist. Die Telefonnummern von wichtigen Ansprechpartnern – vom Hausmeister bis zum Rektor – hatte ich zum Glück im Handy gespeichert, sodass ich schnell Kontakt aufnehmen konnte. Generell ist das Thema Krisenmanagement in den Fokus gerückt und bestehende Abläufe sind unter die Lupe genommen worden. Möglichkeiten zur Verbesserung gibt es schließlich immer.
Wie hältst du dich up-to-date? Social Media ist ja ein eher schnelllebiges Feld…
Das habe ich während der Auszeit nach der Geburt meines Kindes gut zu spüren bekommen. Davor hatte ich mich auch nach Feierabend ständig mit dem Thema Social Media befasst, war in Facebookgruppen aktiv und habe Blogs und Magazine wie t3n gelesen. Das alles tue ich heute zwar auch noch, aber ich schaffe es nicht mehr in dem Ausmaß. Daher bin ich noch dankbarer für den Austausch im Team geworden und setze mehr auf gezielte Fortbildungen, Konferenzen und Barcamps.
Ende Februar 2018 habt ihr anlässlich des 40. Geburtstags des Audimax der Ruhr-Universität Bochum einen sogenannten Instawalk veranstaltet. Warum seid ihr diesen Schritt aus der reinen Online-Kommunikation gegangen? Würdest du euren ersten Instawalk als Erfolg verbuchen?
Ein Instawalk stand schon lange auf unserer Agenda, allerdings gab es immer andere Prioritäten. Der 40. Geburtstags unseres Audimax war eine willkommene Möglichkeit, um den Plan endlich umzusetzen. Wir möchten uns noch stärker mit unserer Community vernetzen und die Menschen hinter den Profilen kennenlernen. Dieser Austausch ist für uns sehr wertvoll, denn so können wir besser verstehen, was unsere Freunde und Follower bewegt und was sie sich von uns wünschen.
Wir haben den ersten Instawalk im Hauruck-Verfahren und relativ spontan umgesetzt und viel mitnehmen können. Fortsetzung folgt!
Welche Tipps gibst du Menschen, die sich für das digitale Business interessieren?
Der digitale Austausch ist wertvoll, aber darüber sollte man nicht den persönlichen Kontakt vergessen. Für mich sind dafür BarCamps und -Sessions eine wunderbare Möglichkeit.
Dieser Beitrag wurde geschrieben von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Business-Academy-Ruhr.
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