Wie gefährlich ist TikTok für Unternehmen wirklich?

TikTok ist längst in der Top-Liga der am meisten genutzten Social-Media-Apps angekommen. Mehr oder weniger interessante Videos zu allen möglichen Themen zu veröffentlichen, gilt als schick und unverzichtbar. Es wird alles hochgeladen, was einem vor die Handy-Linse läuft. Der Algorithmus verlangt dabei auch nicht nach Qualität. Solange genügend Views entstehen, wird der Content kräftig gepusht. Tabuthemen gibt es kaum, der Jugendschutz wird bis an die Grenzen ausgereizt. Eine Altersüberprüfung findet praktisch nicht statt und nicht von ungefähr ist TikTok bei Minderjährigen daher sehr beliebt. Zumal niemand seine wahre Identität angeben muss und in der Masse abtaucht. Fakeprofile sind daher üblich, es gibt keine Klarnamenspflicht und niemand würde es prüfen. Wozu auch? Der Erfolg neuer Netzwerke wird auch an der Zahl der Accounts gemessen. Dies bestimmt den Erfolg und den Wert der beteiligten Unternehmen. Viele Nutzer bedeuten auch hohe Werbeeinnahmen, da interessieren Fakes vermutlich nur bedingt. Die privaten Nutzer*innen haben beim Anlegen des Accounts ohnehin allem Möglichen zugestimmt und tragen ab nun selbst die Verantwortung für ihr Handeln auf der Plattform. Auch wenn es kaum jemanden bewusst ist. Wir haben uns nun die Frage gestellt wie gefährlich TikTok für Unternehmen ist und ob der Datenschutz ausgehebelt wird und uns nun ein Verbot der App bevorsteht?

Wie lässt sich TikTok mit dem Datenschutz in Deutschland oder der EU vereinbaren?

In den vergangenen Tagen und Wochen überschlagen sich die Meldungen zum Social-Media-Netzwerk “TikTok”, doch dieses Mal werden keine neuen Erfolge gemeldet. Es sind vielmehr kritische Stimmen, vor allem in Hinblick auf den Datenschutz. So verbietet nun auch Australien, wie zuvor schon andere westliche Staaten, die Nutzung der Kurzvideo-App auf den Diensthandys von Regierungsangehörigen.

TikTok steht zunehmend auch unter politischem Druck, die Social-App kommt nämlich aus China und gehört zum Bytedance-Konzern. Zumindest offiziell, denn im Reich der Mitte ist nie ganz klar, wer tatsächlich die Fäden zieht. Kein namhaftes Unternehmen kann sich dort den Einflüssen der Regierung entziehen. Damit geht zunehmend die Sorge der USA und Europas um, solche Apps dienen den chinesischen Behörden und den Geheimdiensten überwiegend zum Sammeln von Daten und persönlichen Informationen für staatliche Zwecke. In China übrigens nichts Ungewöhnliches, die Bevölkerung hat sich an die großflächige Auswertung von Nutzerdaten aller nationalen Apps längst gewöhnt und kann sogar persönlichen Nutzen daraus ziehen. Wer zum Beispiel auf Social Media die Regierung lobt oder über systemkritische Aussagen in seiner Nachbarschaft berichtet, kann im Gegenzug eine Freikarte für das Fitnessstudio oder den öffentlichen Nahverkehr bekommen. Persönliche Daten sind dort wie ein Tauschhandel, jeder möchte seine Vorteile ziehen. Datenschutz hingegen befremdlich. Wer Daten schützt, hat auch etwas zu verbergen. Eine andere Sichtweise, mehr nicht. 

Verbote von TikTok auf Geräten der Regierung

In den USA, Kanada und Großbritannien wurde die TikTok-App auf Diensthandys der Regierungsmitarbeitenden längst verboten, schon aus politischer Sicht. Die  EU-Kommission bangt eher um die Daten, die über Handys verteilt werden können und prüft weitere Schritte. Der US-Kongress bereitet zudem ein Gesetz vor, damit sich Präsident Joe Biden für ein komplettes Verbot der App aussprechen könnte. Allerdings hatte sich auch der frühere Präsident Trump schon für ein Verbot engagiert und war letztlich damit gescheitert. Sollte es doch zu einem Verbot in den USA kommen, wären auch alle Unternehmen in der EU betroffen, die über Konzernstrukturen innerhalb der USA verfügen oder deren Tochterunternehmen sind. Ähnliche Pläne könnte auch Neuseeland haben, bisher ist die App nur auf Handys innerhalb des Parlaments gesperrt. Städtische Bedienstete und andere öffentliche Organisationen sollen folgen. 

In Deutschland erhielt TikTok auf dienstlichen Handys innerhalb der Bundesregierung keine generelle Freigabe durch das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) und die Nutzung würde “nur in absoluten Ausnahmefällen” erlaubt. Es gibt allerdings keine öffentlichen Berichte darüber, wie das BSI diese Haltung begründet und welche Mängel die App haben soll. Solche Ergebnisse werden grundsätzlich nur der Bundesverwaltung selbst mitgeteilt, was nicht alle Parteien gleichermaßen gutheißen. Als Ausnahme nutzt daher auch nur das Bundesgesundheitsministerium aktiv TikTok und berichtet auf dem Kanal über aktuelle Themen.  

Die EU bereitet Sanktionen gegen TikTok vor

“Wir werden nicht zögern, alle möglichen Sanktionen zu beschließen”, äußerte im Januar 2023 der EU-Kommisar Therry Breton gegenüber dem CEO Shou Zi Chew von Bytedance. Er verwies dabei auf die Anwendung der neuen EU-Gesetze über digi­tale Dienste (Digital Services Act, DSA), die überwiegend den Datenschutz und die persönlichen Rechte der Nutzer:innen regeln sollen. Dieses Gesetz ist bereits in der Umsetzung und kann neben Sanktionen auch ein Verbot bei schweren Verstößen gegen geltendes EU-Recht auslösen. Ganz ähnlich den Regelungen in den USA, wobei es hier eher um den Eingriff und die Zensur von Inhalten geht, über die China frei entscheiden kann. Behördlich wird die App damit von zwei unterschiedlichen Seiten kritisch beobachtet. 

Was bedeuten mögliche Sanktionen von Regierungen für Unternehmen?

Sollte es tatsächlich zu einem Verbot von TikTok durch einzelne Staaten kommen, wird zunächst die App aus den entsprechenden Stores genommen. Damit sind zwar keine neuen Downloads mehr möglich, vorhandene Apps werden allerdings zunächst weiter funktionieren. Eine darüberhinaus gehende Einschränkung wie das Blockieren von Verbindungen zum App-Dienst nach China wäre technisch möglich, kann aber leicht umgangen werden. Unter der Regierung Trumps war in den USA einmal ein zwangsweiser “Verkauf” an den amerikanischen Softwaregiganten Oracle in Planung, um die Daten zumindest in der USA unter Kontrolle zu bekommen. Bis zum Ende von Trumps Amtszeit wurde dieses Projekt jedoch nicht mehr umgesetzt und in der Biden-Regierung als mögliche Lösung nicht weiter in Betracht gezogen. Unternehmen könnten also auch bei einem möglichen Verbot die App weiter nutzen und Content hochladen, allerdings bleibt die Frage nach der politischen Verantwortung. Für viele Unternehmen würde der Druck von Außen groß werden und ziemlich schnell würde TikTok zumindest aus unternehmerischer Sicht an Bedeutung verlieren.

TikTok Sanktion

Ist TikTok in Deutschland noch zukunftsfähig oder wird es verboten?

Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Nutzung von TikTok auch für Unternehmen weiterhin möglich, allerdings sollte die Diskussion um die Datenschutzbestimmungen genau betrachtet werden. Möglicherweise sind auch Compliance-Regelungen im Unternehmen zu betrachten, weil zumindest indirekt ein Auswerten von Daten innerhalb der App durch den chinesischen Betreiber Bytedance möglich ist. Dies gibt auch für die Nutzung auf dienstlichen Handys, denn hier könnte TikTok interne Daten aus anderen Apps auslesen und senden – zumindest theoretisch. Ein eindeutiger Beweis für eine solche “Backdoor” steht allerdings noch aus oder wurde bisher nicht veröffentlicht. Lizenzrechtlich müssen Unternehmen bei der Nutzung von TikTok jedoch immer auf der Hut sein, vieles von den kostenfrei angeboten Inhalten wie z.B. die Musiktracks zum aufpeppen von Videos sind fragwürdig und können von Unternehmen nicht einfach genutzt werden. Zumindest dann nicht, wenn für die Musik keine eigene Lizenz gekauft wurde und vorliegt. Abmahnungen durch die Musikindustrie sind in Zukunft möglich, weil die Lizenzen meist nur für den privaten Gebrauch gelten. Im Grunde kann dies auch für in der App angebotene Filter oder grafische Elemente gelten, auch hier fehlen möglicherweise die Nutzungsrechte vom Urheber. Dies ist weitestgehend ungeklärt und wird vom Hersteller Bytedance auch nicht weiter ausgeführt.   

Können TikTok-Ads eine Zwischenlösung sein?

Wer als Unternehmen nicht vollständig auf TikTok verzichten mag, jedoch nicht unkontrolliert seine Daten teilen will, für den können bezahlte Werbe-Anzeigen (Ads) ein Mittelweg sein. Statt häufigen oder täglichem Content werden nur einige wenige Werbeanzeigen angelegt und ausgespielt. Hierfür müssen auch keine organischen Beiträge vorhanden sein, nicht einmal ein TikTok-Nutzerkonto. Stattdessen wird ein Business-Konto als Werbetreibender oder Agentur angelegt. Damit lassen sich spätere Werbebeiträge noch vor der Veröffentlichung gemeinsam im Team auf rechtskonforme Inhalte und bezüglich des Datenschutzes prüfen.

Kann ich den Datenschutz gegenüber TikTok irgendwie verbessern?

Vor allem sollten auf dem Endgerät (Handy oder Tablet) keine weiteren Apps wie WhatsApp, Facebook oder andere Anwendungen laufen und der Zugriff auf Mails oder sogar Firmendaten gesperrt sein. Keinesfalls sollten private Handys für das TikTok im Unternehmen genutzt werden, was jedoch eine gängige Praxis ist. Hier müssen die Verantwortlichen sehr genau hinschauen, wer alles Zugriff auf das TikTok-Konto hat und über welche Endgeräte die Zugriffe erfolgen.  

Was passiert noch mit meinen Daten, wenn ich das Konto lösche?

Wer sein TikTok-Konto löschen möchte, kann dies natürlich direkt in der App tun. Allerdings gibt TikTok an, dass alle Daten zunächst noch 30 Tage bestehen bleiben und erst nach Ablauf dieser Zeit werden das Konto und die Daten endgültig gelöscht. Allerdings kann es sein, dass einige der Daten noch für eine gewisse Zeit in den Backups des Unternehmens gespeichert bleiben, so die recht ungenaue Aussage von TikTok. Bei Unternehmens-Accounts von Werbekonten werden darüber hinaus noch weitere Daten möglicherweise für rechtliche Zwecke aufbewahrt, wie zum Beispiel für die Einhaltung von Steuervorschriften. Dies ist ein normaler Vorgang, es geht dabei auch um den Nachweis von korrekten Abrechnungen und der steuerlichen Behandlung selbst. Ansonsten sollen aber alle relevanten Daten nach Ablauf der 30 Tage ab Löschung eines Accounts nicht mehr vorhanden sein. Überprüfbar ist das für den Kunden nur bedingt. Die genauen Abläufe lassen sich außerhalb Chinas nicht kontrollieren und zur Vorhaltezeit von möglichen Backups macht der Anbieter keine konkreten Angaben.

TikTok Konto löschen

Fazit

Die unternehmerische Nutzung von TikTok mit ihren großen Zielgruppen in der Generation Z  mag verlockend sein und ist auch aktuell bezüglich des Datenschutzes möglich. Besonders kritisch kann die Nutzung im Umfeld von Regierung und öffentlichen Diensten sein, hier muss ein genauer Abgleich mit den geltenden Vorschriften erfolgen. Für privatwirtschaftliche Unternehmen oder auch NGOs können Probleme durch eigene Compliance-Regelungen im Umgang mit China oder fehlende Lizenzrechte für Musikinhalte entstehen. Hier sollte immer die aktuelle Entwicklung von EU-Richtlinien beobachtet werden und im Zweifel die Hinzuziehung von entsprechenden Fachanwälten erfolgen.   

Zusammenfassend sollte TikTok nicht als einziger Social-Media-Kanal im Unternehmen genutzt werden und die Kommunikation zumindest in einem weiteren alternativen Netzwerk stattfinden. Gleichzeitig schadet es nicht, wenn Unternehmen schon jetzt eine Exit-Strategie planen und überlegen, wie aktuelle Nutzergruppen auch auf anderen Plattformen erreicht werden können und welche Inhalte sich problemlos weiterhin nutzen lassen.

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