Analoge Lernprozesse digitalisieren: Das eLearning Potenzial wird unterschätzt

Im Kontext der Diskussion um die Digitalisierung in der Bildungsbranche spielt digitales Lernen (auch bekannt als eLearning) wieder eine Rolle. Dass eLearning jedoch auch wirkliche Mehrwerte bietet, scheint zunächst wenig Beachtung zu finden. Eine Umsetzung aus Modernisierungszwang ist jedoch nicht der richtige Ansatz. Viel mehr geht es darum zu erkennen, welche Potentiale diese Lernform hat, und diese dann zu nutzen.

In der heutigen Zeit ist eLearning eigentlich keine Neuerung mehr, sondern eher eine bekannte Lehr-/ und Lernform, die jedoch nur selten sinnvoll umgesetzt wird. Lernplattformen haben mittlerweile eine recht lange Historie. Sie sind fast 20 Jahre alt und werden sowohl in Hochschulen, Schulen als auch bei freien Bildungsträgern eingesetzt. Die wohl bekanntesten Vertreter von digitalen Lernplattformen sind „Moodle“ oder „Ilias“. Daneben existieren auch zahlreiche selbst entwickelte Lernplattformen großer Unternehmen. Im Grunde sind sie jedoch alle nur ein technische Blaupause für digitales Lernen. Sie bieten die Möglichkeit, analoges Lernen neu zu denken und neu zu übersetzen.

Warum eLearning häufig scheitert

Im Rahmen der Technik-Euphorie der vergangenen Jahre haben die Lernplattformen Einzug in zahlreiche Bildungsinstitutionen gehalten. Das Problem: ihr Potential wird nur in den seltenen Fällen genutzten. Sie werden überwiegend als “Datenablage” genutzt. So hat die Lernform keinerlei Mehrwert, man könnte sie sofort gegen einen cloudbasierten Speicherplatz ersetzen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass nur wenige die Vorzüge des digitalen Lernens sehen.

Wie so häufig liegt der Ca­sus knack­sus jedoch in der Anwendung. Wird ein technisches System eingeführt, ohne es mit Inhalten und Mehrwerten zu füllen, wird den Anwerdern nicht deutlich, warum und wozu sie dieses nutzen sollten. Während für die technischen Systeme häufig größere Investionen getätigt werden, scheitert es an den Umsetzungskonzepten. Ist das System erst einmal da, fehlt es an Ideen, wie eine konstruktive Einbindung in den Lehrbetrieb aussehen könnte. Die einfachste Lösung ist dann die Nutzung als Ablage für Dokumente, die sich die Lernenden dort herunterladen könnten. Dass eLearning jedoch den gesamten analogen Lernprozess auch digital übersetzen kann, bleibt vielen verborgen.

Was man mit dem eLearning umsetzen kann

„Präsenzunterricht lebt doch von dem ‚Miteinander und dem Austausch’“ hört man häufig als Gegenargument, wenn es um die Einführung von virtuellen Lernplattformen geht. Genau in diesem Bereich hat jedoch das eLearning seine Stärken: In Bildungssituationen hängt das vielbeschworene „Miteinander“ und der „Austausch“ stark von der Gruppenkonstellation und den didaktischen Konpetenzen des Lehrenden ab. Ist dieser in der Lage, die Gruppe zueinander zu führen und Interaktion anzuleiten: wunderbar! Wie häufig passiert es jedoch, dass die Teilnehmer nach einer Weiterbildung nicht einmal die Namen ihrer Mitlernenden kennen, gar wissen, wo diese tätig sind.

Welche Mehrwerte das eLearning bietet

Das kann im eLearning nicht passieren, denn gute Lernszenarien machen Lernwege transparent. So sind die Ausarbeitungen der Aufgaben für alle sichtbar, man erfährt also viel vom Gegenüber und profitiert vom Perspektivwechsel. Didaktisch sinnvoll umgesetzte Lernplattformen fördern die Interaktion der Teilnehmen und Dozenten und somit auch den Austausch untereinander. Dies geschieht häufig noch viel stärker als in analogen Lernformen. Die Mehrwerte des eLearning liegen aber nicht nur in der Übertragungsmöglichkeit und Intensivierung analoger Lernformen, sondern ganz klar in der Vermehrung der Lernzugänge:

  • Durch digitales Lernen erreicht man Gruppen, die sonst wenig Möglichkeiten haben, an Weiterbildungen zu partizipieren. Das können z.B. Menschen aus ländlichen Regionen sein, die sonst eine lange Anreise zum nächstgelegenen Bildungsträger in Kauf nehmen müssten. Das können aber genauso Personen in Elternzeit sein, deren Situation lange Anfahrten oder wöchentliche Abendkurse nicht zulassen würden.
  • Heterogenität als Vorteil nutzen. Die Bildungsschere wird in Deutschland immer größer. Während einige Menschen guten Zugang zu Bildung oder bestimmten Bildungsthemen haben, bleiben andere außen vor. Als Bildungsträger im Bereich digitaler Themen spüren wir diese Heterogenisierung seit geraumer Zeit. Die Vorerfahrungen der Teilnehmer werden immer unterschiedlicher. Das ist in analogen Unterrichtsformen ein großes Problem. Man muss sich als Dozent entscheiden, ob man mit den Anfängern arbeitet und damit die Fortgeschrittenen verliert oder umgekehrt. Im eLearning kann jeder sein eigenes Lerntempo bestimmten. Anfänger lesen die Grundlagentexte öfter und intensiver, die Fortgeschrittenen stöbern mehr im Vertiefungsmaterial. Jeder hat jedoch eine Chance, zu profitieren.
  • Förderung digitaler Kompetenzen ist ein weiterer Mehrwert, den eLearning bietet. Wie soll man den Umgang mit digitalen Medien heute anders vermitteln als digital? Auf welche Weise können Menschen heute üben, welche Kriterien eine sichere Internetquelle erfüllen soll? Kann man sich über Schriftsprache online austauchen? Wie funktionieren Videokonferrenzen oder Wikis? Sind das nicht digitale Kompetenzen, die schon heute, künftig jedoch noch viel stärker gefordert sind?

Fazit: Die Potentiale des eLearnings werden unterschätzt!

In meinen Augen ist eLearning ein leeres Blatt. Ein leeres Blatt, das Bildungsversprechen impliziert, das ungeahnte Möglichkeiten bietet und vielseitig gefüllt werden kann. Wichtig ist nur, dass man es mit Inhalten und Leben füllt. Dass man Mehrwerte aufzeigt und es als Potential begreift. Denn nur das kann es was werden.

Fehlt Ihnen die Idee, wie Sie Ihre Lernplattform sinnvoll in Ihren Bildungsraum einbinden? Brauchen Sie Beispiele und Tipps für die eigene Umsetzung? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf! Wir teilen gern unsere Erfahrungen mit Ihnen!


Dr. Marie Huchthausen

mh@business-academy-ruhr.de

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