Wie XING den Markt eroberte: Von einem Social Business Netzwerk zu Deutschlands beliebtestem Jobportal

XING kann sich heute zu einem der beliebtesten Jobportale in Deutschland zählen, aber wie alles begann, ist vielen nicht bekannt. Im Oktober 2003 gründete Lars Hinrichs zunächst sein Social Business Netzwerk “Open BC”, offener Business Club, als Antwort auf die fehlende Vernetzung von Geschäftsleuten und Angestellten im Internet. Eine Art von Business-Facebook eben, auch wenn es damals nicht so genannt wurde und sich das Layout deutlich unterschied. Erst 2006 kam der neue Name und der Grundgedanke hinter XING blieb einfach: eine Plattform zu schaffen, auf der Menschen berufliche Kontakte knüpfen und pflegen können. Auch als Ersatz für eine Visitenkarte konnte es dienen, denn via App wurden Kontaktdaten schnell geteilt und die Vernetzung hergestellt. Diese Idee traf damals genau den Nerv der Zeit, in der alle von Digitalisierung sprachen und kaum jemand wusste, wie er damit anfangen sollte. Da kam eine Vernetzungs- und Business-Plattform genau richtig und das Unternehmen wuchs schnell. Bald gab es neue Funktionen wie Jobsuche und Vorstellungsgespräch-Training sowie eine Premium-Mitgliedschaft mit erweiterten Zugang zu Informationen und Daten. Unternehmen nutzten die Möglichkeit, sich auf XING zu präsentieren und Bewerber*innen konnten ihre Lebensläufe hochladen, um sich für Jobs zu bewerben. Mit der Zeit wurden auch mobile Apps entwickelt und die Mitgliederzahl stieg auf über 16 Millionen in der DACH-Region. Allerdings sind solche Zahlen immer mit etwas Skepsis zu betrachten, viele Accounts wurden nicht regelmäßig genutzt oder waren inaktiv und in Vergessenheit geraten. Dennoch zeigte der Erfolg von XING deutlich, dass ein soziales Netzwerk für Geschäftsleute ein Bedürfnis war, das bisher nicht vollständig abgedeckt wurde. Heute ist der Name XING schon wieder Geschichte und neue Plattformen gelten als wichtige Bestandteile des Arbeitslebens in Deutschland und bieten zahlreiche neue Möglichkeiten für Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen gleichermaßen.

Das Konzept hinter XING war ein ewiger Wandel bis zum Ende

XING ist als ein soziales Netzwerk gestartet, das sich auf Menschen mit beruflichem Hintergrund spezialisiert hat. Sowohl Selbständigen und Unternehmen, die ein eigenes Profil erstellen können, als auch Mitarbeitenden und Angestellten. Dabei war der “Basis”- Account immer kostenfrei und zog schnell neue User*innen an. Dies erklärt auch den rasanten Wachstum und die hohen Nutzerzahlen. Pro-Nutzer*in und Unternehmen mit Business-Eintrag zahlten eine jährliche Nutzergebühr und bekamen dafür ein erkennbares “Pro”-Profil und mehr Möglichkeiten, seine*ihre Kontakte intensiver zu pflegen. Dies nutzten gerne auch Vertriebsprofis, um sich neue Kundenpotentiale zu erschließen oder neugierig zu prüfen, mit welchen Personen die Konkurrenz vernetzt ist. Etwa 1 Million zahlende Nutzer*innen sollen es einmal gewesen sein, genaue Zahlen wurden nicht im Detail veröffentlicht. Wie viele Menschen XING in den Blütejahren als Social Network wirklich häufig und regelmäßig genutzt haben, lässt sich nur schätzen. Etwa 5-6 Millionen aktive Nutzer*innen dürften es gewesen sein, zuletzt jedoch immer weniger. Doch was macht ein Netzwerk, wenn die Nutzerzahlen sinken? Im Fall von XING wurden neue Funktionen und Profil-Updates eingebaut, ganz fleißige Nutzer*nnen durfte sich irgendwann “Ambassador” oder zumindest “Gruppenmoderator” nennen. Letzteres war besonders einfach zu erreichen, denn schon wer nur eine Gruppe gründete, konnte sein Profil mit einem Abzeichen aufhübschen. Ob die Gruppe selbst aktiv war oder überhaupt weitere Mitglieder hatte, störte dabei nicht. Übrigens auch der Anfang vom Ende der unzähligen Gruppen, die eine Zeit lang sogar gut funktionierten. 

Auch durch Übernahmen anderer Unternehmen kamen im Laufe der Jahre neue Funktionen hinzu, zum Beispiel 2015 die Eventplattform “XING-Events” als Art Ticketbörse für Business-Veranstaltungen. Doch mit zunehmender Konkurrenz neuer Ticketplattformen war hier schon nach ein paar Jahren wieder Schluss und die Funktion wurde wieder entfernt. Bis heute aktiver denn je ist jedoch die Bewertungsplattform “kununu”, die 2013 von einer gleichnamigen GmbH aus Österreich übernommen wurde und sich zu der wichtigsten Bewertungsplattform für Arbeitgeber*innen und Unternehmen entwickelt hat. Vielleicht markiert dieser Zukauf auch den Wandel von XING hin zum jetzigen Jobportal kununu, zumindest aber war es damals schon richtungsweisend.  

Die Mitgliederzahlen für XING sinken und LinkedIn wird zum Erfolg

Die Mitgliederzahl ist immer ein wichtiger Faktor für den Erfolg von Sozialen Netzwerken und für den Werbemarkt. Doch auch wenn XING im Oktober 2019 noch über 16 Millionen Mitglieder verzeichnete, ging es anschließend stetig bergab. International hatte man nichts zu vermelden und der deutschsprachige Raum schien gesättigt. Erste Schritte in den USA waren nicht mehr von Erfolg gekrönt und das Projekt wurde schnell wieder eingestellt. Denn ein Konkurrent hatte sich den internationalen Markt längst gesichert und machte anderen das Leben schwer. Die Rede ist natürlich von dem bereits 2002 gegründeten LinkedIn. Das von Microsoft im Jahr 2016 übernommene und international ausgerichtete Netzwerk LinkedIn wurde ebenfalls mehrfach umgebaut und bekam von Microsoft zusätzlich ein neues Layout, welches sofort an Facebook erinnerte. Die zunehmende internationale Ausrichtung von Unternehmen machte eine übergreifende Vernetzung von Menschen notwendig und viele Mitarbeitende in Deutschland wechselnden scharenweise zu LinkedIn und ließen den alten XING-Account zumindest ruhen oder meldeten sich direkt ab. Auch weitere Richtungswechsel und Änderung an den Funktionen konnten diesen Prozess für XING nicht mehr aufhalten und eine Neuausrichtung musste her, um überhaupt bestehen zu können. 

Angst

Vom Business Netzwerk zum New Work Jobportal “kununu” - der neue Weg für XING

XING hat sich in der Neuausrichtung nun als eines der führenden Jobportale in Deutschland etabliert und dabei auch den alten Namen abgelegt. Nur auf der Login-Seite ist noch ein altes XING-Logo zu erkennen, ansonsten firmiert das neue Jobportal als “kununu”. Dies bedeutet übrigens “unbeschriebenes Blatt” in der afrikanischen Sprache Suaheli und wurde nach dem Zukauf so beibehalten. Auf der Plattform selbst bieten sich nun viele Funktionen und Vorteile für Arbeitgeber*innen und Jobsuchende gleichermaßen an. Die Verschmelzung der Plattform kununu mit alten Funktionen aus XING und einem Bewertungs- und Arbeitgeberportal schafft neue Möglichkeiten, sich als Arbeitgebermarke attraktiv darzustellen und deckt Schwächen des Unternehmens zumindest aus Personalsicht auf.

 

Unternehmen können sich zumindest ein kostenfreies Basisprofil anlegen und haben dann die Möglichkeit, auf Bewertungen mit einer Antwort reagieren zu können. Mit einem kostenpflichtigen “Employer Branding Profil” können regelmäßig Neuerungen zum Unternehmen veröffentlicht werden und das Profil mit Logo, Fotos und Brand eingerichtet werden. Die Sichtbarkeit wird insgesamt erhöht und Personen können Fragen an das Unternehmen stellen und eine persönliche Antwort erhalten, zum Beispiel nach offenen Stellen oder dem Bewerbungsverfahren. Die Einrichtung von zusätzlichen Werbeanzeigen schafft eine hohe Sichtbarkeit von offenen Stellen und verhilft zu einer höheren Bewerberquote. Für Arbeitnehmer*innen sind ebenfalls hilfreiche Funktionen vorhanden, wobei die Bewertungen zu den Unternehmen natürlich eine prominente Hauptfunktion darstellen. Darüber hinaus lassen sich noch “Top-Arbeitgeber” in einem Ranking finden und mit der Funktion Gehaltsscheck lassen sich Gehälter vergleichen und über Stellenanzeigen kann ein direkter Kontakt hergestellt und eine Bewerbung ausgelöst werden. Weitere Daten der Unternehmen können eingesehen werden und selbst die Ausrichtung der Kultur und weitere Insights aus den Profilen bleiben nicht verborgen. Damit übersteigt die neue Plattform bei weitem die alten, noch aus XING bekannten Unternehmensprofilen mit den verbundenen Mitarbeiter:innen. 

kununu
kununu Startseite (Quelle: kununu.com)

Fazit: Von einem gescheiterten Social Business Netzwerk zu Deutschlands beliebtestem Jobportal

XING hat am Ende dennoch eine beeindruckende Erfolgsgeschichte hingelegt. Was als einfaches Social Business Netzwerk begann und am Ende einer mächtigen Konkurrenz nichts entgegenbringen konnte, hat sich zu Deutschlands beliebtestem Jobportal entwickelt. Besonders die starke Funktion von kununu als Bewertungsportal ist eine Ausnahmeerscheinung, dem LinkedIn bisher nichts entgegenzusetzen hat. Der anhaltende Fachkräftemangel in Deutschland und Europa dürfte die starke Position am Markt bekräftigen und die Zukunft als Jobportal sichern. Merke: Auch wer scheitert, kann am Ende als Sieger hervorgehen. Wenn auch nicht mehr als Business Netzwerk, dann zumindest als Job-Portal gegen den Fachkräftemangel.

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