Didaktik-Tipps für die Dozentenpraxis: Von der Bedeutung der Anfangssituation

Nach der Auszeichnung unserer Dozenten und der Frage, was einen guten Dozenten ausmacht, stellen wir uns als Bildungseinrichtung der Herausforderung, einen kleinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Dozenten-Praxis anzubieten. Vor allem unsere didaktisch-pädagogischen Hintergründe stehen im Fokus, denn das fehlt vielen häufig in ihrer Dozentenpraxis: der pädagogisch-fachliche Hintergrund. In diesem Beitrag widmen wir uns daher der Anfangssituation von Lehreinsätzen.

Auf den „ersten Eindruck“ kommt es an

Wie im wahren Leben auch, spielt auch in Lehrsituationen die Anfangssequenz eine besondere Rolle. Unabhängig davon, ob das Lernen in Präsenz oder online stattfindet: Der Anfang entscheidet häufig über den weiteren Verlauf. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Schulungsraum und warten gespannt auf ihren Dozenten. Welche Fragen und Erwartungen haben Sie? Zunächst wissen Sie meist nicht, was auf Sie zukommen wird und haben viel Fragen:

Fragen Anfangssituation

Das sind einige der vielen vielen Fragen, die Lernende zu Beginn einer Lerneinheit haben. Sie sind unsicher, wie das Lernen ablaufen wird, wie der Dozent sein wird, welche Regeln herrschen und wie das Lernen in der Gruppe funktionieren wird. Man kann also schnell nachvollziehen, wie wichtig es ist, zunächst diese grundlegenden Dinge zu klären, bevor die Inhaltserarbeitung losgehen kann.

Der Dozent auf dem Prüfstein

In dieser ersten Phase von Lehrszenarien, steht der Dozent auf einem besonderen Prüfstein. Die Teilnehmenden prüfen, ob sie den Ausführungen des Trainers zu dem Thema auch „vertrauen“ können. Daher ist es wichtig, seine Erfahrung mit dem Thema auszuführen. Unabhängig davon, wie sich die Teilnehmenden vorstellen sollen, für den Dozenten ist es immens wichtig, dass er im Rahmen seiner Vorstellung immer darstellt, was ihn dazu befähigt, das Thema unterrichten zu können. Das klingt banal, wird aber häufig vernachlässigt. So stellen sich Dozenten häufig damit vor, wie lang sie für das Unternehmen arbeiten oder in welcher Abteilung, aber seit wie vielen Jahren, sie mit dem Thema zu tun haben, in welcher Verantwortung oder in welchen Projekten, bleibt häufig offen. Ein Beispiel: Wann würden Sie meine eLearning-Expertise besser erkennen. Wenn ich mich vorstelle als:

„Mein Name ist Marie Huchthausen, ich bin seit knapp 9 Jahren bei der Business Academy Ruhr und habe dort die pädagogische Leitung.“

oder

„Mein Name ist: Dr. Marie Huchthausen. Ich bin promovierte Mediendidaktikerin und beschäftige mich seit 20 Jahren mit eLearning. Ich habe in zahlreichen eLearning-Projekten Lernplattformen aufgebaut und betreut und leite nun -gemeinsam mit meinem Kollegen- eine Bildungseinrichtung, die sich mit digitalen Lernthemen beschäftigt.“

Beides ist richtig, aber ich bin sicher, dass mir nach der ersten Vorstellung viele Fragen zum Thema eLearning gestellt würden, um zu prüfen, ob ich das Thema auch „beherrsche“. Meine Erfahrung ist, dass diese Frage nach der zweiten Art der Vorstellung nicht mehr kommen. Ich kann mich als Dozent also entscheiden, meine thematischen-Erfahrungen gleich in der Vorstellung einzubringen und damit aufzuzeigen, warum ich für das Thema eine Trainer-Kompetenz habe, oder ich stelle mich anschließend den Fragen. Damit habe ich -auf meiner Meta-Ebene- auch gezeigt, dass ich weiß, welche Anforderungen meine Teilnehmenden an mich stellen und habe diese Erwartung gleich erfüllt. Eine Vorstellung ist eben nicht nur „Formalität“, sondern bereits die erste Möglichkeit, Kompetenzen aufzuzeigen.

Transparenz herstellen ist wichtig

Neben der fachlichen Qualität hat die Anfangssequenz für die Lernenden vor allem auch die Aufgabe, das Lernen der nächsten Zeit zu klären. Also aufzuzeigen, wie die nächste Lernsequenz ablaufen wird. Welche Regeln werden gelten? Gilt ein „Du“ oder ein „Sie“? Muss ich mich melden oder kann ich einfach losreden? Kann ich zwischendurch Fragen stellen oder werden sie am Ende beantwortet? All das sind Aspekte, die Lernende beschäftigen. Wird das nicht geklärt, kommen Fragen dazu auf. Machen Sie einfach mal den Praxis-Test und geben keine Information darüber, ob die Präsentation am Ende zur Verfügung gestellt wird. Ich gehe jede Wette ein, dass dann eine Nachfrage in diese Richtung in der ersten halben Stunde kommt. Sie zeigen also Dozent also auch eine Dozenten-Professionalität, indem Sie auf diese Unsicherheiten eingehen und sie zunächst klären. Also wichtige Informationen zum Ablauf und den Rahmenbedingungen geben. Folgende Aspekte haben häufig Klärungsbedarf:

Je transparenter all diese Aspekte vor Beginn der inhaltlichen Erarbeitung behandelt werden, desto störungsfreier wird die Arbeitsphase sein. Meine Erfahrung ist: Behandeln Sie als Dozent diese Aspekte nicht zu Beginn, fließen Fragen dazu in die Arbeitsphase mit ein und die Erarbeitung wird immer wieder von solchen Fragen unterbrochen.

Fazit: Orientierungen geben

Die erste Phase eines Lehrprozesses wird von vielen als „notwendiges Übel“ der Vorstellung wahrgenommen, die man schnell abhandelt, damit man zum wichtigen Arbeiten kommt. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Phase ist der Grundstein der späteren Arbeit. Sie ist beim Teilnehmer von Unsicherheit geprägt. Schaffen Sie es als Dozent nicht, Orientierungen zu bieten, werden die Lernenden weiterhin danach „suchen“. Erst wenn alle Orientierungs-Fragen geklärt sind, erst dann kann man davon ausgehen, dass die Köpfe der Lernenden, sich nun der Inhaltserarbeitung widmen können. Nutzen Sie diese Phase als Chance, Ihre Kompetenz darzustellen, dann wird die Arbeitsphase umso leichter!